Feiertage
Neuer Schwung ist auch ins Feiern von bestimmten Tagen gekommen. Das Feiern des Mittsommerfestes, des Katharinentages und von Weihnachten ist auf Kihnu nie in Vergessenheit geraten, doch manche zwischenzeitlich langsam verblasste Feiertage sind Dank des Museums von Kihnu und des Metsamaa Traditionshofes wieder in Erinnerung gerufen worden.
Katharinentag
Der Katharinentag wird auch auf Kihnu gefeiert, obwohl sich dies mit der Zeit etwas verändert hat. Gefeiert wird jedoch definitiv am Katharinensamstag. Trotz des Versuches eine Feier nach alter Tradition in allen vier Dörfern gleichzeitig abzuhalten und diesen Brauch wieder einzuführen, ist dies nicht ganz gelungen. Je nach Jahr finden entweder, eine, zwei oder drei Feiern gleichzeitig statt. Das Dorf oder die Gemeinde deckt gemeinsam den reichlichen Festtagsstisch, Musiker spielen, es wird gegessen und getanzt und zum Katharinenlauf geht man zur Feier eines anderen Dorfes. Dorthin macht man sich selbstverständlich singend und verkleidet auf den Weg. Dafür haben die Veranstalter im Festtagshaus die nötige Ausstattung zusammengetragen: Man kann Röcke, Schals, Gardinen, Schleier und Hüte finden, um zumindest anfangs unerkannt zu bleiben. Die Katharinengänger werden mit Schnaps empfangen und die Bewohner zweier Dörfer singen und tanzen zusammen für einige Zeit, bis sie wieder zu ihrem Dorf zurückgehen und auf Gegenbesuch warten.
Am folgenden Katharinentag trifft man sich erneut im Festtagshaus um Suppe zu essen und sich an den vorherigen Tag zu erinnern.
Mittsommer
Der Mittsommertag ist gefüllt mit alten Volksbräuchen und obwohl früher in den Dörfern separat gefeiert wurde, ist daraus nun eine gemeinsame Unternehmung der Insel geworden. Ganz Kihnu wird dann zu einem Dorf und das gemeinsame Fest findet am Strand des Dorfes Linaküla oder auf dem Platz des Altvolkhauses statt. Der Mittsommerabend hat seinen Höhepunkt in der Verbrennung eines Bootes, das für das Johannesfeuer bestimmt ist. Dabei werden natürlich Lieder gesungen und getanzt.
Weihnachten
Das Feiern von Weihnachten hat sich auf Kihnu mehr und mehr zu einem großen Volksfest entwickelt und auch der gesellschaftliche Zusammenhalt ist gewachsen. Weihnachten wird auf Kihnu jedoch etwas anders gefeiert als anderswo in Estland.
Als Tannenbaum wird eine Kiefer ins Zimmer geholt, da auf der Insel nicht genügend Tannen wachsen, um für alle auszureichen. Interessant ist, dass sich die Kinder von Kihnu in der Natur sehr gut auskennen und unmissverständlich zwischen Kiefern und Tannen unterscheiden können, selbst mit geschlossenen Augen. Doch nach dem Dekorieren des Baumes bezeichnen sie diesen trotzdem vorwiegend als Tannenbaum.
Nach der Mittagszeit wird am Weihnachtstag die Sauna geheizt und anschließend begibt man sich auf den Friedhof um auf den Gräbern der Verwandten Kerzen anzuzünden. Danach gehen die Familien in die Kirche. Erstaunlicherweise ist die Rolle der Kirche heutzutage sogar gewachsen. Nach dem Gottesdienst wird im Kreise der Familie und hinter einer reichlich gedeckten Festtafel der Weihnachtsabend verbracht, so wie es in allen estnischen Familien üblich ist.
Den ersten und zweiten Weihnachtstag verbringt man nicht mehr zu Hause, sondern geht von Hof zu Hof um sich frohe Weihnachten zu wünschen. Dieses von Hof-zu-Hof-Gehen nennt man auf Kihnu „auf einen Klatsch gehen“, wofür selbstgebrautes Bier von Nöten ist, das die Besucher dann kosten können. Außerdem werden weihnachtliche Speisen und Schnaps angeboten.
Aus alten Zeiten ist der nette Brauch erhalten geblieben den Nachbarn vor Weihnachten Bier, Sülze, Brot und andere Weihnachtsspeisen zu bringen. Das Brot befindet sich während der ganzen Weihnachtszeit so auf dem Tisch, dass die angeschnittene Seite nicht zur Tür zeigt. Darüber hinaus hält man an dem Brauch fest, dass in der Weihnachtszeit die Böden nicht gefegt werden und in der Weihnachtsnacht brennt die Lampe während der ganzen Nacht. Weihnachten ist das gesellschaftlichste Fest für die Insel Kihnu, bei dem junge Leute, die ihr Zuhause verlassen haben, und ehemalige Einwohner Kihnus, die nun im Inland wohnen, auf der Insel zusammenkommen, sich austauschen und tanzen und singen. Auf Kihnu sagt man daher: An Weihnachten müssen die Türen offen stehen!